Glossar Psycho­the­ra­pie

Hinweis zum Gebrauch

Im folgen­den Glossar der Psycho­the­ra­pie finden Sie eine alpha­be­thisch geord­nete Liste von Begrif­fen, die ich nach meinem persön­li­chen und fachli­chen Verständ­nis erkläre – ohne Anspruch auf Allge­mein­gül­tig­keit. Bitte beach­ten Sie, dass alle Texte auf dieser Website urheber­recht­lich geschützt sind. Zitie­ren ist nur mit entspre­chen­der Quellen­an­gabe gestat­tet. Wenn Ihnen die Texte gefal­len, freue ich mich über eine persön­li­che Nachricht von Ihnen!

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Achtsam­keit

„Gewahr­sein, das entsteht, wenn man die Aufmerk­sam­keit im gegen­wär­ti­gen Augen­blick bewusst auf das Erleben von Moment zu Moment richtet, ohne zu urtei­len.“ So beschreibt Jon Kabat-Zinn die Achtsam­keit. Eine andere Defini­tion stammt von Guy Armstrong: „Zu wissen, was man erlebt, während man es erlebt.“ und Chris­to­pher Germer sagt, Achtsam­keit sei das „Gewahr­sein des gegen­wär­ti­gen Augen­blicks mit einer akzep­tie­ren­den Haltung.“

Wie man hier schon sieht, ist der Begriff „Achtsam­keit“ nicht eindeu­tig definier­bar. Es geht um eine Art geisti­ger Aktivi­tät, die damit zu tun hat, die eigene Aufmerk­sam­keit bewusst auf einen bestimm­ten Gegen­stand zu richten. Bei diesem Gegen­stand geht es um unsere Wahrneh­mung und unser Erleben. Diese kann man nicht festhal­ten, sie sind im steti­gen Fluss der Verän­de­rung. Im Unter­schied zur Konzen­tra­tion, bei der wir unsere Aufmerk­sam­keit fokus­sie­ren, bedarf es deshalb bei der Achtsam­keit einer gewis­sen Offen­heit, einer entspann­ten und akzep­tie­ren­den Haltung. Diese Haltung ist wichtig, damit ich die Inhalte meines Erlebens und meiner Wahrneh­mung überhaupt registriere.

Häufig geschieht es nämlich, dass wir – meist unbewusst – bestimmte Inhalte unseres Erlebens ausblen­den oder verdrän­gen, weil sie uns unange­nehm sind, Angst machen. Es geht aber bei der Achtsam­keit darum, alles, was in mir auftaucht, wahrzu­neh­men und zu erleben. Und es geht darum, es nicht zu bewer­ten und zu beurtei­len, auch wenn es mir in dem Moment unange­nehm sein sollte. Die Kunst der Achtsam­keit ist es, diese beiden Pole – die bewusste Aufmerk­sam­keit einer­seits und die entspannte und akzep­tie­rende Haltung anderer­seits – zusam­men zu bringen.

Was ist das Ziel der Achtsam­keit? Das ist eine schwie­rige Frage, man kann sie nur mit einem schein­ba­ren Wider­spruch beant­wor­ten. Einer­seits verfol­gen wir ein Ziel mit der Achtsam­keits­pra­xis, sonst würden wir sie ja nicht tun. Wir wollen ruhiger werden, mehr in unserer Mitte sein, uns besser spüren, leben­di­ger werden usw. Anderer­seits gibt es kein Ziel in der Achtsam­keits­pra­xis. Wie in der Zen-Medita­tion heißt es hier: „Der Weg ist das Ziel“. Das bewusste Wahrneh­men und Erleben selbst ist das Ziel.

Denn wenn wir bei den Achtsam­keits-Übungen auf ein Ziel hinsteu­ern und eine Absicht verfol­gen, wird die Übung voraus­sicht­lich nicht funktio­nie­ren. Jede Absicht, jedes Wollen zielt nämlich auf eine Verän­de­rung des Jetzt-Zustan­des hin. In der Achtsam­keits­pra­xis geht es jedoch um das Anneh­men unseres So-Seins, ohne etwas verän­dern zu wollen. Wenn das gelingt: Wahrneh­men, Erleben und Anneh­men unseres So-Seins im Hier und Jetzt, dann verän­dern wir uns auf eine ganz natür­li­che und organi­sche Art und Weise. Unsere Konzen­tra­ti­ons­fä­hig­keit wird sich wahrschein­lich verbes­sern, unser Erleben wird sich voraus­sicht­lich inten­si­vie­ren und wir werden mehr in uns ruhen können.  » Siehe auch „Paradoxe Theorie der Veränderung“.